Sonntag, 11. November 2018

Veranstaltung: "Wie weiter nach den Streiks im Februar 2018?“

Lohn und Gehaltsverhandlungen im Sozialbereich "Wie weiter nach den Streiks im Februar 2018?“ 
Di, 13.11. um 19:00 im „Amerlinghaus“
Stiftgasse 8, Raum 4, 1070 Wien
Gut erreichbar mit der U3 und dem 49er 


Auch die heurigen Lohn-und Gehaltsverhandlungen werden spannend. Viele KollegInnen wollen sich nicht mehr mit der niedrigen Bezahlung und den vielen "Burn Outs" zufrieden geben. Nach dem Streiks im Februar 2018 sind viele Beschäftigte im Sozialbereich bereit gemeinsam für eine deutliche Erhöhung und für eine Arbeitszeitverkürzung auf 35 Wochenstunden bei vollem Lohn und Gehalt zu kämpfen. Wir meinen, es werden auch heuer wieder Streiks nötig sein um einen guten Abschluss zu erreichen. Wir wollen den Abend nutzen um die "sozial, aber nicht blöd"- Kampagne im Zuge der KV-Verhandlungen zu besprechen. Schau vorbei!

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Bericht von der BetriebsrätInnenkonferenz im Sozialbereich zum Auftakt der Lohn-und Gehaltsverhandlungen (SWÖ, Caritas, Diakonie)


Am Donnerstag, den 8.11. trafen sich rund 300 BetriebsrätInnen des Sozialbereichs im Veranstaltungszentrum der Volkshochschule Donaustadt in Wien. „Sozial, aber nicht blöd“ war mit AktivistInnen vor Ort, unter ihnen KollegInnen aus SWÖ-Betrieben und der Caritas. Zum Auftakt verteilten wir unser aktuelles Flugblatt. Es scheint, als würden die Gewerkschaften vida und GPA-djp heuer eine wesentlich offensivere Haltung einnehmen als in den letzten Jahren. In unserem Flugblatt unterstützen wir diesen vorsichtigen Kurswechsel ausdrücklich.


Mehr zu unserem Flugblatt- siehe Artikel unten und Link!

Realistisch gesehen werden für echte Verbesserungen in den SWÖ -Betrieben, bei der Caritas und in der Diakonie, Aktionen auf der Straße und in den Betrieben nötig sein. Um etwa eine Lohnerhöhung ähnlich wie bei den MetallerInnen und eine 35-Stundenwoche bei vollem Lohn und Personalausgleich zu erreichen, werden Kampfmaßnahmen bis hin zu Streiks nötig sein.
Deshalb unterstützten wir den Antrag einiger kämpferischer Betriebsräte, die unter anderem eine Streikfondsfreigabe durch den ÖGB, die Etablierung von Streikkomitees, öffentliche Kundgebungen während eines Streiks und eine Urabstimmung forderten. Wie mit dem Antrag verfahren wurde, haben wir bereits in einem ein Posting der „Sozial, aber nicht blöd“-Aktivistin und Betriebsratsvorsitzenden SelmaSchacht veröffentlicht. Gleich zu Beginn der Konferenz erläutere sie – trotz der sehr gering gehaltenen Debattenzeit - Sinn und Zweck des Antrags. 

Die BetriebsrätInnenkonferenz, verlief in vielen Phasen eher untypisch für solche Veranstaltungen:
Einerseits war schon im Vorfeld klar, dass diesmal die Konferenz mit weitgehenderen Forderungen auseinandergehen würde, anderseits war aber die Konferenz wesentlich schwächer besucht als die Jahre davor. Mehrere Wortmeldungen machten zu Recht den frühen Streikabbruch und das Ergebnis vom letzten Jahr für den Frust bei vielen KollegInnen verantwortlich. Durch die geringe Beteiligung war aber das politische Gewicht linker, kämpferischer und alternativer BetriebsrätInnen wesentlich höher als in der Vergangenheit. Diese machten die Konferenz spannender und vor allem kämpferischer.

Ein relativ langer Teil der Konferenz war einem Experten der GPA-djp zum neuen Arbeitszeitgesetzt (60-Sundenwoche/ 12-Stundentag,) und zwei ÖkonomInnen der Arbeiterkammer gewidmet. Alle drei Vorträge waren spannend, der erste zum neuen Arbeitszeitgesetz machte deutlich wie wichtig es ist, weiter gegen dieses Gesetz zu kämpfen. Die Vorträge der AK-ÖkonomInnen waren mit vielen wichtigen Wirtschaftszahlen gespickt; die aber leider auf Grund der Dichtheit der Tagesordnung kaum besprochen werden konnten. Sehr schade, denn manche Prognosen – etwa die von der sehr positiven Wirtschaftsentwicklung- wären durchaus diskutierenswert gewesen. Die ReferentInnen betonten mehrmals den großen Reichtum und die hohen Gewinne in der österreichischen Wirtschaft. „Unser Ziel war es, Euch eine gute Grundlage für sehr weitgehende Forderungen bei den Verhandlungen zu geben“ brachte ein Experte das den Kern der Vorträge auf den Punkt. Auf der Konferenz wurden von vielen BetriebsrätInnen wichtige Forderungen aufgestellt. Viele KollegInnen nutzen die Präsentation aber um Kritik und weitergehende Forderungen einzubringen. Heike Fischer, Betriebsrätin bei der Diakonie Spattstrasse und KV-Verhandlerin sprach sich für eine 30 Stundenwoche und ein offensiveres Vorgehen der Gewerkschaften aus. Selma Schacht, (BRV Wiener Kinder und Jugendbetreuung, Aktivistin von „sozial, aber nicht blöd“ und AK-Rätin) sprach davon, jetzt mit der Mobilisierung zu beginnen und unterstrich die Notwendigkeit für Streiks im Sozial- und Pflegebereich.

Leider wurden die vorgestellten Forderungen und auch der gestellte Antrag nicht debattiert und abgestimmt. Ein großer Fehler der Gewerkschaftsspitze, hier auf die Demokratie zu verzichten! Demokratie ist gerade bei Arbeitskämpfen nichts Abstraktes. Eine gute Einbindung der Betroffenen, die Chance Forderungen zu besprechen und zB durch eigene Erfahrung zu ergänzen und eine Möglichkeit demokratisch mitzuentscheiden, verbessern die Möglichkeit, Forderungen im Betrieb zu erklären und KollegInnen zu mobilisieren.

Gerade weil uns im Sozialbereich eine große Auseinandersetzung bevorsteht, ist es fahrlässig auf die Inputs von KollegInnen zu verzichten.

Auch ohne Abstimmung gelten wohl folgende Forderungen als vereinbart:
  Deutliche Erhöhung der Löhne und Gehälter (wobei viele GewerkschafterInnen über dem Metaller KV Abschluss abschließen wollen, das derzeit eine Forderung nach 6% entsprechen würde)
  35-Stundenwoche bei vollem Lohn und Personalausgleich
  6te Urlaubswoche für alle von Anfang an
  Eine Regelung für geteilte Dienste in allen Bereichen
  Bessere Anrechnung der Vordienstzeiten

„Sozial, aber nicht blöd“ wird die Lohn und Gehaltsverhandlung mit zahlreichen Aktionen und Veranstaltungen begleiten. Nach dem schon im letzten Jahr Arbeitskreise zu Aktionen auf der Straße, Arbeit im Betrieb und zu Streiks, sehr gut besucht waren, wollen wir auch heuer wieder eine Reihe solche Veranstaltungen anbieten. Wichtig werden aber vor allem auch Aktionen vor Betrieben und Ausbildungseinrichtungen rund um die KV-Verhandlungen sein. Wenn Du mitmachen willst melde Dich bei uns!

Kämpferische Wende auf der BR-Konferenz? Tausende KollegInnen würden sich freuen!

Nach den Warnstreiks im Februar scheinen auch bei den Lohn- und Gehaltsverhandlungen für das Jahr 2019 viele GewerkschafterInnen in die Offensive gehen zu wollen. Es wäre toll, die Reallohn- und Gehaltsverluste der letzten Jahre und die Lohnschere zum österreichischen Durchschnitt zumindest schrittweise wettzumachen. 

Dazu müsste ein Abschluss über den MetallerInnen erreicht werden. Diese fordern 5%. Was liegt da näher, als mehr zu fordern? Ein wichtiger Punkt war für den SWÖ-Bereich letztes Jahr die Arbeitszeit, konkret die Verkürzung der wöchentlichen Arbeitszeit auf 35 Stunden ohne jeglichen Gehalts– und Lohnverlust. Auch heuer sollte eine 35-Stundenwoche wieder – bzw. neu auch bei Caritas und Diakonie - im Zentrum der Forderungen stehen. Eine Arbeitszeitverkürzung muss dazu führen, dass in den Sozial- und Pflegebetrieben mindestens 10% mehr Personal eingestellt wird. Eine Arbeitszeitverkürzung, die nur dazu führt, dass wir dieselbe Arbeit in noch kürzerer Zeit machen müssen, hätte keine positiven Effekte.

Hohe Forderungen sind sehr gut, aber nur die zehntausenden KollegInnen im Sozialbereich und in der Pflege können sie gemeinsam erkämpfen!

Nach der BetriebsrätInnen-Konferenz sollte es Betriebsversammlungen in allen Sozialbetrieben geben. Wenn die Gewerkschaften mit offensiven Forderungen  in die Verhandlungen gehen, ist das gut und richtig. Es wäre jedoch sinnvoll, die Kernpunkte in einer gewerkschaftlichen Globalrunde zumindest mit den KollegInnen, die dem Caritas-KV und dem Diakonie-KV unterliegen, gemeinsam festzulegen und gemeinsam zu erkämpfen.

Wenn wir die Beschlüsse über unsere KV-Forderungen ernst nehmen, muss es eine ehrliche Debatte über die Umsetzung in den Betrieben geben. Eine Bewegung für bessere Arbeitsbedingungen und bessere Bezahlung muss „von unten“ aufgebaut werden. Wir arbeiten mit Menschen, und da ist ein Streik nicht immer leicht. Betriebsversammlungen können ein kämpferisches Signal an die Arbeitgeber sein. Zusätzlich sollte aber dort genau und in Ruhe besprochen werden, was die nächsten Aktionen sind. Vor allem: wie würden Streiks und andere Aktionen in den betroffenen Betrieben ausschauen? Was passiert mit den KlientInnen? Solche Fragen müssen ehrlich besprochen und entsprechende Maßnahmen beschlossen werden (Einbeziehung der Angehörigen, Notdienste, wo es möglich ist: KlientInnen an Streikaktion beteiligen, uvm).

KlientInnen und deren Angehörige, FreundInnen und SachwalterInnen jetzt informieren!
Im Falle eines Arbeitskampfes brauchen wir die Solidarität und die praktische Unterstützung möglichst viele Angehöriger usw. Da die meisten von uns in ihrer Arbeit keinen finanziellen Profit erzeugen, ist es so wichtig, die Solidarität als zusätzliches Druckmittel zu haben. Die allermeisten Menschen wissen, dass wir eine schwere und schlechtbezahlte Arbeit machen, viele Menschen, vor allem Angehörige, würden sich gerne solidarisieren.

Sind wir realistisch: Ohne Streiks wirds nicht gehen! 

Letztes Mal haben die 3stündigen Warnstreiks zu keiner wirklichen Verbesserung des Arbeitgeber-Angebotes geführt. Es war ein Fehler, nicht weiter zu streiken. Wenn bei der heutigen BetriebsrätInnen-Konferenz hohe Forderungen besprochen werden und dann wieder ein niedriger Abschluss rauskommt, wird die Enttäuschung bei vielen KollegInnen zu Recht enorm sein. Viele würden sich in so einem Fall nicht mehr so schnell an Arbeitskämpfen beteiligen. Ein Beschluss von hohen Forderungen zieht eine große Verantwortung nach sich. Die gemeinsamen Aktionstage müssen mit Aktionen auf der Straße und in den Betrieben einhergehen, wenn bei dieser Verhandlung keine ernsthaften Schritte in Richtung hoher Erhöhung und Arbeitszeitverkürzung erkennbar sind.

Beim Streik nicht im Betrieb versauern. 

Im Falle von Streiks gilt es möglichst gemeinsam und möglichst selbstbewusst aufzutreten. Beim Streik im Februar gab es kaum öffentliche Berichterstattung, viele streikende KollegInnen wussten nicht einmal, wer außer ihnen noch streikt. Bis heute ist auch nicht ganz klar, wer aller im Februar die Arbeit niedergelegt hat. Viel besser ist es da, gemeinsam Stärke zu zeigen. Wir fordern GPA-djp und vida auf, für den Fall eines Streiks gemeinsame Kundgebungen in allen Landeshauptstädten zu organisieren. Sollte dies von GPA-djp und vida nicht passieren, sollten aktive BetriebsrätInnen und Streikkomitees solche Kundgebungen organisieren. Wir von „Sozial, aber nicht blöd“ werden versuchen, uns mit möglichst vielen KollegInnen auf eine gemeinsame Zeit und einen Ort für Streikkundgebungen  zu einigen.

Lieber Streik als schlechter Abschluss!
Urabstimmung über den Abschluss!

Wir sollten keine Angst vor einer längeren Konfrontation mit den Arbeitgebern haben. Wenn es sein muss, sollte es auch Streiks bis über den Februar hinaus geben, eine solche Situation wäre zwar für viele KollegInnen ungewohnt und schwierig, wäre aber immer noch besser als ein schlechter Abschluss. In den Wochen des Arbeitskampfes werden die KollegInnen viel riskieren, umso wichtiger ist es auch in einer Urabstimmung über den endgültigen Abschluss abzustimmen.